Erneuerbare Energien in der Region sollen ausgebaut werden

Veröffentlicht am 25.05.2010 in Kommunale Werkstätten
  • Die Zukunftswerkstatt will lokale Handlungsspielräume zum Klimawandel erarbeiten

GECHINGEN. Gelungener Auftakt der kreisweiten SPD-Veranstaltungsreihe „Zukunftswerkstatt – Wie wollen wir leben?“ im Gechinger Sportheim: Zahlreiche Interessierte waren zu der Veranstaltung „Energie und Umwelt“ mit dem Landtagsabgeordneten und Energieexperten Thomas Knapp aus Mühlacker gekommen, um sich von dem energiepolitischen Sprecher der baden-württembergischen SPD-Landtagsfraktion über den aktuellen Stand der Energiepolitik im Land informieren zu lassen und um die Ideen, Visionen und Ziele der SPD im Land kennen zu lernen.

In einem Energiekonzept des Landes nach Vorstellung der Sozialdemokraten müssen die notwendigen Maßnahmen festgelegt und angegangen werden, damit bis zum Jahr 2020 insgesamt 20 Prozent des Primärenergieverbrauchs eingespart und 20 Prozent der Energie aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt werden. „Wir haben uns das nicht einfach so ausgedacht, das ist die energiepolitische Zielsetzung der Europäischen Union, die wir nun im Land und in den Regionen umsetzen wollen“, sagt Knapp. Saskia Esken in Gechingen - ZukunftswerkstattDas erklärte Ziel der Landesregierung, eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke um wenigstens 20 Jahre durchzusetzen, wird von der SPD dagegen als kontraproduktiv angesehen – „Das lassen wir Schwarz-Gelb nicht durchgehen“, sagte die Calwer Kreisvorsitzende Saskia Esken und machte damit die klare Haltung der SPD in dieser Frage deutlich.

Zielrichtung der Zukunftswerkstätten der SPD im Kreis ist es, lokale Handlungsspielräume für drängende Zukunftsfragen wie den Klimawandel zu erarbeiten - „Think global – act local“ (denke global, handle lokal) hat auch bei energiepolitischen Fragen besonderes Gewicht. Als kompetenter Ko-Referent war deshalb Dirk Büscher, Direktor des Regionalverbandes Nordschwarzwald, der Einladung der SPD gerne gefolgt und stellte die Projekte, Studien und Überlegungen des Verbands zur Energienutzung auf regionaler Ebene vor. Das Ziel, 20 Prozent der Gesamtenergie aus regenerativen Energien zu gewinnen, ist im Nordschwarzwald laut Büscher durchaus erreichbar, wenn die Energiearten ausgebaut werden, die wie die Windkraft und die Solarenergie noch ein bedeutendes Potenzial in der Region besitzen. Bereits die zusätzliche Installation der viereinhalbfachen Leistung der Windkraftanlage in Simmersfeld würde dazu ausreichen. Dagegen habe nach aktuellen Untersuchungen der Ausbau der Wasserkraft in der Region nur ein geringes Potenzial, die Nutzung der Biomasse aus Holz müsse wegen des geringen Nährstoffgehalts der hiesigen Waldböden gar als vollständig ausgereizt gelten. Anders als bei der Windenergie, bei der der Regionalverband eine Pflichtaufgabe bei der Ausweisung von Vorrang- und Ausschlussgebieten habe, sei er beim Ausbau anderer Energiearten als Planungs- und Genehmigungsbehörde überwiegend nicht beteiligt. Als Dienstleister für Informationen und Lieferant von Ideen kann der Verband jedoch auch das Potenzial beispielsweise der Solarenergie für die Strom- und Wärmeerzeugung oder der oberflächennahen Nutzung der Geothermie unterstützen. Deshalb habe man die Potenziale aller erneuerbarer Energien in der Region untersucht und beispielsweise gemeinsam mit der Kreissparkasse Pforzheim-Calw und den Stadtwerken Pforzheim eine Solareffizienzkarte für den Nordschwarzwald ausgearbeitet. Auch die Eignung der Region für geothermische Anlagen wurde untersucht. Die Serviceleistungen des Regionalverbands sind damit für die Erarbeitung lokaler Handlungsspielräume äußerst hilfreich.

Der SPD-Landespolitiker Knapp, als Maschinenbauingenieur und selbständiger Energieunternehmer ausgewiesener Experte, stellte in seinem Vortrag nicht nur die Bedeutung und die Chancen einer dezentralen Energieversorgung aus erneuerbaren Energien für Natur und Klima dar. Knapp verwies auch auf die Wachstumschancen für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in Deutschland und der Region, da bei den regenerativen Energien die Wertschöpfung überwiegend im Land verbleibe und keine Mittel zum Erwerb von Energieträgern in andere Regionen dieser Welt abfließen würden. „Aktuell bieten die erneuerbaren Energien in Deutschland 300000 überwiegend regional verwurzelte, nicht ins Ausland verlagerbare Arbeitsplätze, und jedes Jahr kommen 30000 hinzu. Das sind industrielle Arbeitsplätze, solche bei Handwerkern und in der Dienstleistung – eine gesunde Mischung eben.“ Knapp zeigte anhand aktueller Zahlen auf, dass es möglich sein wird, den Anteil an regenerativer Energie noch weitaus deutlicher zu erhöhen, wobei er überzeugt davon ist: „Die Windkraft wird nicht nur bei uns in der Region noch ein Riesenthema.“ Deshalb sei es auch sehr begrüßenswert, so die beiden Mitglieder der Regionalverbandsversammlung Knapp und Esken, dass das Gremium nun einstimmig beschlossen habe, eine regionale energiepolitische Zielsetzung zu formulieren und bei den Maßnahmen für die Ausweisung geeigneter Standorte für Windkraftanlagen eigene, verlässliche Winddaten zu erheben.

Erfreulich für die Sozialdemokraten: Nach der NRW-Wahl ist die SPD nicht nur „wieder da“, es werde durch die veränderte Situation im Bundesrat auch keine pauschale Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke geben. Die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und der Vereinbarung über die Begrenzung der Laufzeiten für die Atomkraftwerke sind deutlich schneller als gedacht erreicht worden. Damit war die Energiepolitik der SPD im Bund, angestoßen während der Zeit der rot-grünen Koalition, äußerst erfolgreich. „Gerade durch die wirtschaftlichen Wachstumspotenziale ist das EEG ein Selbstläufer – wenn die Atomkraft-Laufzeiten begrenzt bleiben“, sagt Knapp.

Es sei wichtig, sich von der Kernkraft unabhängig zu machen, unterstrich nicht nur Knapp. Auch Saskia Esken trat vehement dafür ein, vorhandene regenerative Energiepotenziale zu nutzen, um das Ende der Kernenergienutzung zu beschleunigen, denn: „Wir haben bis heute keine Lösung gefunden für die Lagerung von Atommüll, nirgendwo auf dieser Welt. Das ist ein Erbe, das wir unseren Kindern auf keinen Fall hinterlassen dürfen.“ Die neueste Meldung aus der Atomwirtschaft, dass es beim Erwerb zu Brennelementen aufgearbeiteten Atommülls aus verschrotteten Atomwaffen aus Russland durch die EnBW zu „Unregelmäßigkeiten“ gekommen sei, empfindet Esken denn auch als deutliches Signal: „Wir müssen raus aus der Atomkraft.“

In der angeregten Diskussion wurde trotz mancher Meinungsverschiedenheit deutlich, dass der Ansatz der lokalen energiepolitischen Zielsetzungen und Maßnahmen allgemein begrüßt wird. Dass nicht in jeder Kommune die gleichen Aktivitäten zum Erfolg führen können, führte Büscher aus, denn: „Jede Kommune hat individuelle Strukturen.“ So sei beispielsweise die Versorgung von Neubaugebieten mit Nahwärme oft wenig effektiv, weil Neubauten einen zu geringen Wärmebedarf aufwiesen, während dies im Altbestand durchaus Sinn machen könne. Auch Thomas Knapp begrüßte den lokalen Ansatz der energiepolitischen Zukunftswerkstatt in Gechingen und empfahl sie als Modell auch für andere Gemeinden in der Region.

 

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